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Samstag, 9. August 2014

Orchidea

Es war einmal ein Ehepaar. Der Mann, ein Landwirt stattlicher Figur und seine schöne Frau, die nichts lieber tat, als Tag für Tag in einem kleinen Gärtchen vor dem Haus arbeiten. Sie zupfte das Unkraut, pflanze Gemüse, Obst und Blumen. Der Mann war stolz, denn seine Frau war nicht nur Jungbäuerin des Jahres und damit die schönste im Dorf, sondern auch die fleißigste weit und breit.
Eines schönen Tages, als sie bei der Arbeit kurz unachtsam war, weil ein Nachbar sie mit Geschichten aus seiner Jugend ablenkte, schnitt sie sich beim Pflanzen einer Orchidee in den Finger, sodass das Blut auf die Blüten und den Torfboden tropfe. Da dachte sie wieder an ihren Herzenswunsch. Ein Töchterchen mit Haar, so schwarz wie der Torf im Gärtchen vor dem Haus, Haut, so weis wie das Blatt einer Orchidee und Lippen, so rot wie das Blut, das aus ihrer Wunde trat.



© cirodelia - Fotolia.com

Zweieinhalb Jahre später war es soweit, sie gebar ihr erstes Kind. Ein Mädchen mit Haar, so schwarz wie der Torf im Gärtchen vor dem Haus, mit Haut, so weis wie das Blatt einer Orchidee und Lippen so rot wie Blut, deswegen nannten sie es Orchidea. Sie selbst verstarb jedoch bei der Geburt ihrer Tochter.


Nach mehr als dreizehn Jahren als Alleinerzieher, lernte der Vater nach einem Besuch bei der städtischen Bauernkammer, beim Spazieren durch die Stadt eine Frau kennen, die er, weil er schon so lange so einsam war, nach kurzer Zeit auch heiratete. Sie war schön, aber im Gegensatz zu seiner ersten Frau, war sie nicht zur Arbeit geboren. Das einzige, dass sie interessierte und ihr wichtig war, waren die Anzahl der Facebook-Freunde die sie hatte. Sie wollte stets die Beliebteste im ganzen Land sein.
So befragte sie jeden Abend einen magischen Berg, geformt aus Zucker (alle nannten ihn "magischer Zuckerberg"):  


"Zuckerberg oh Zuckerberg, schreib mir an meine Pinnwand, wer hat die meisten Freunde im ganzen Land?"

Sie wusste, dass sie der magische Zuckerberg nicht anlügen würde, er antwortete: 

"Ihr habt die meisten Freunde im Land".

Als Orchidea älter wurde und immer mehr auch abends wegging, wurde sie immer beliebter und beliebter. Die Jungen lieben ihr gutes Aussehen und ihre keke Art, die Mädchen ihren Witz und ihre Ehrlichkeit. Bekanntschaften waren schnell geschlossen und ihr Freundeskreis wuchs und wuchs.
Die Mutter fragte wieder: 


"Zuckerberg oh Zuckerberg, schreib mir an meine Pinnwand, wer hat die meisten Freunde im ganzen Land?". 

Der Zuckerberg antwortete: 

"Ihr habt sehr viele Freunde hier, aber Orchidea hat noch 1000mal mehr Freunde als ihr." 

Da wurde sie zornig und rief sofort ihren Bekannten ex-Geheimdienst Mitarbeiter dessen Name geheim bleiben muss an und bat ihn um Hilfe. Er sollte ihr das Passwort des Accounts ihrer Stieftochter herausfinden und ihr damit die Möglichkeit geben den Account zu löschen.

Bei den Recherchen zum Account der Orchidee fand Eduard Geschneit jedoch heraus, dass seine Auftraggeberin in der Vergangenheit sehr viel über ihn mit ihren Freundinnen gelästert hatte. Deshalb beschloss er den Spieß umzudrehen und zeigte auf ihrem Profil nur für sie sichtbar das Bild ihrer Tochter Orchidee als Profilbild an. Er gab dem Account ein neues Passwort und erklärte der Städterin, er habe das Passwort. Als die Mutter nun alle Freunde löschte und den Account deaktivierte, tat sie dies mit ihrem eigenen Benutzer.
Vollkommen zufrieden und entspannt ging sie mit dem Glauben, wieder die beliebteste zu sein ins Bett. Am nächsten Morgen als sie aufstand fragte sie den magischen Zuckerberg: 


"Zuckerberg oh Zuckerberg, schreibe mir an meine Pinnwand, wer hat die meisten Freunde im ganzen Land."

 Der Zuckerberg antwortete: 

"Ist den Account deaktiviert, hast du auch keine Freunde, kapiert?". 
 
Da wurde ihr bewusst, was geschehen ist, fiel zu Boden und weinte ganz bekümmerlich obgleich ihrer Dummheit und Eifersucht.

Als ihr Mann von den gescheiterten Plänen erfur, ließ er sich sofort scheiden, setzte eine vorbeugende Unterlassubgsklage gegen sie durch und Orchidea und er lebten glücklich bis an ihr Lebensende.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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